Gegründet 1990

BGH-Urteil zum herabstürzenden Ast

am Haftpflicht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. März 2014 entschieden (Az.: III ZR 352/13), dass allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten auch im gesunden Zustand eine erhöhte Gefahr abbrechender Äste besteht, den Verkehrssicherungspflichtigen nicht zu besonderen Schutzmaßnahmen verpflichtet. Daher ist er auch nicht für Schäden verantwortlich, die ein Dritter durch einen herabstürzenden Ast erleidet.

 

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. März 2014 entschieden (Az.: III ZR 352/13), dass allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten auch im gesunden Zustand eine erhöhte Gefahr abbrechender Äste besteht, den Verkehrssicherungspflichtigen nicht zu besonderen Schutzmaßnahmen verpflichtet. Daher ist er auch nicht für Schäden verantwortlich, die ein Dritter durch einen herabstürzenden Ast erleidet. 

Am Abend des 12. Juni 2011 hatte der Kläger seinen Personenkraftwagen unter einer Pappel geparkt. Als er am anderen Morgen zurückkam, lag ein großer grün belaubter Ast auf seinem Auto. Dieser war praktisch aus heiterem Himmel abgebrochen, da eine witterungsbedingte Ursache ausgeschlossen werden konnte. Daraufhin verklagte der Mann die für die Pappel zuständige Gemeinde auf Zahlung von Schadenersatz, weil diese ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Diese sah das anders, da sie nachweisen konnte, dass der etwa 50 bis 60 Jahre alte Baum gesund und regelmäßigen Kontrollen unterzogen worden war.

Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Landgericht Meiningen wies die Schadenersatzklage daher als unbegründet zurück. Mit seiner hiergegen beim Thüringer Oberlandesgericht eingelegten Berufung war der Kläger erfolgreich.

Bei einer Baumart wie der Pappel, bei der artspezifisch ein ungleich höheres Risiko von Abwürfen gesunder Äste bestehe als bei anderen Bäumen, sei insbesondere an Verkehrsflächen, auf denen Fahrzeuge auch für längere Zeit abgestellt und sich regelmäßig Menschen zum Ein- und Aussteigen bewegen, die Grenze des zu tolerierenden naturgebundenen Lebensrisikos überschritten.

Daher hätte die Gemeinde Maßnahmen ergreifen müssen, um die Bürger vor den durch die Bäume ausgehenden Gefahren zu schützen, so das Oberlandesgericht. Die Richter lasteten dem Kläger allerdings ein Mitverschulden von einem Drittel an. Als Ortsansässiger habe er nämlich gewusst, dass es bereits in der Vergangenheit zu plötzlichen Astabwürfen gekommen war. Er habe daher fahrlässig gehandelt, als er sein Auto in der Gefahrenzone abstellte.

Die Gemeinde legte daher Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein – mit Erfolg.

Nach Ansicht des BGH genügt eine Gemeinde ihrer Verkehrssicherungs-Pflicht, wenn sie regelmäßige Baumkontrollen durchführt und darüber hinaus in besonderen Situationen, wie zum Beispiel bei Beschädigungen oder Frostrissen, tätig wird.

Dieser Verpflichtung ist die Gemeinde jedoch nachweislich nachgekommen. Ebenso wie die Vorinstanzen ging daher auch der Bundesgerichtshof davon aus, dass die streitgegenständliche Pappel zum Zeitpunkt des Astabwurfs gesund war.

Der beklagten Gemeinde kann folglich keine Verletzung ihrer Verkehrssicherungs-Pflicht zur Last gelegt werden. Denn allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten ein erhöhtes Risiko besteht, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen, führt nicht dazu, dass diese Bäume als im Verkehrsinteresse grundsätzlich zu beseitigende Gefahrenquellen eingestuft werden müssten und der Verkehrssicherungs-Pflichtige weitergehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen hat.

Nach richterlicher Ansicht gehört ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, nämlich auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgegebenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken. Da es keine absolute Sicherheit gibt, kann von einer Gemeinde auch nicht verlangt werden, gesunde, nur naturbedingt vergleichsweise bruchgefährdetere Baumarten an Straßen oder Parkplätzen zu beseitigen oder zumindest sämtliche in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile abzuschneiden.

Im Übrigen besteht auch keine Verpflichtung zur Anbringung von Schutznetzen oder zur Aufstellung von Warnschildern.